Mit dem Gedanken, einen Lehrling auszubilden, spielen vermutlich sehr viele IT-Unternehmen aber nur wenige sind auch wirklich bereit den Schritt zu gehen. Vielleicht ist es die finanzielle Unsicherheit oder es besteht die Angst, eventuell kein kompetenter Lehrherr/in zu sein, und das ist der Grund dafür, dass es in kleineren IT-Firmen noch immer sehr wenige bis gar keine Lehrlinge gibt.
Lehrlinge in der IT-Branche
Wer dem Thema allgemein unsicher und skeptisch gegenübersteht, findet bestimmt Gründe dafür, dieses Thema wieder zu verwerfen.
Aber bedenken Sie: Für viele junge, dynamische IT-Unternehmen ist ein Lehrling genau das Richtige. Einerseits zeigt man soziale Kompetenz, indem man bereit ist, junge IT-Begeisterte auszubilden und andererseits gewinnt man einen äußerst objektiv / kritischen Mitarbeiter. Niemand ist so offen und ehrlich in der Fragestellung wie ein Auszubildender.
„Warum macht man das so und wäre es nicht besser, es anders zu machen?“
Um einen heranwachsenden Menschen zu führen und zu leiten, bedarf es jedoch einer hohen sozialen Kompetenz und Unternehmer, die an ihre eigene Marke und ihr Unternehmen glauben. Die IT-Branche entwickelt sich ständig und in einem rassanten Tempo weiter, sodass Nachwuchs dringend gebraucht wird und ausgebildet werden muss. Man könnte fast sagen, dass um die Ausbildung von Lehrlingen kein Weg vorbei führt.
Was sind die ersten Schritte, wenn ich mich dazu entschließe, einen Lehrling auszubilden?
Im ersten Schritt ist es wichtig einmal abzuklären, ob man einen IT-Techniker oder einen IT-Informatiker ausbilden möchte.
IT-Techniker oder IT-Informatiker?
Der korrekte Fachterminus lautet:
Informationstechnologe/in – Technik oder Informationstechnologe/in – Informatik
Früher EDV-Techniker oder EDV-Informatiker
Um diese Frage abzuklären zu können, haben wir für Sie einen kurzen Fragebogen zusammengestellt:
Kommt der Lehrling in Berührung mit Computerteilen, welche er warten, konfigurieren oder reparieren soll? JA > IT-Techniker, NEIN > IT-Informatiker
Kommt der Lehrling häufig mit Kunden in Kontakt? JA > IT-Techniker, NEIN > IT-Informatiker
Wird der Lehrling hinter die Kulissen einer Hardware blicken und bei der Entwicklung von Software-Lösungen teilhaben? JA > IT-Informatiker, NEIN > IT-Techniker
Werden Software- und Betriebssystemlösungen konfiguriert, installiert, gewartet und repariert? JA > IT-Informatiker, NEIN > IT-Techniker
Allgemein kann man sagen, wer in der Ausbildung mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit mit Computerteilen arbeiten wird, ist als IT-Techniker/Informationstechnologe/in – Technik besser aufgehoben.
Wird der Lehrling in seiner Ausbildungszeit überwiegend mit Programmen und Software-Lösungen zu tun haben , ist der IT-Informatiker / Informationstechnologe/in – Informatik der richtige Zweig für ihn.
Aber was ist, wenn beide Branchen zutreffend sind und man sich nicht entscheiden kann?
In diesem Fall käme die Doppellehre in Frage. Bei der Doppellehre werden beide Lehrberufe IT-Techniker und IT-Informatiker vereint. In dieser Variante beträgt die Lehrzeit statt dreieinhalb Jahren, vier Jahre.
Darf mein Unternehmen als Standort überhaupt Lehrlinge ausbilden?
Bevor man den Schritt geht, sich die gesetzliche Berechtigung zur Lehrlingsausbildung anzueignen, sollte man den Antrag zur Feststellung ausfüllen.
In diesem Antrag sucht man bei der WKO an, damit der Standort bzw. die Räumlichkeiten in denen der Lehrling arbeiten soll, auch den Vorschriften entspricht.
Bei der Überprüfung werden grobe Faktoren wie z.B. das Vorhandensein getrennter Toiletten oder eines Erste-Hilfe-Kastens geklärt.
Nach diesem Besuch bekommt man einen Bescheid, der einem bestätigt, dass auf diesem Standort Lehrlinge ausgebildet werden dürfen. Bei einer weiteren Überprüfung, z. B. aufgrund eines Umzugs entstehen, wie beim ersten Besuch, keine Kosten für Sie.
Wichtig ist auch, dass die Firma auf dem Standort der Feststellung gemeldet ist. Wer seinen Standort noch nicht gemeldet hat, kann dies kostenfrei bei seinem Magistrat machen.
Die Feststellung ist somit komplett kostenfrei.
LINK FESTSTELLUNGSBESCHEID DOWNLOADEN
Wer darf einen Lehrling ausbilden?
Grundsätzlich gilt in Österreich das Gesetz, dass der erste Lehrling theoretisch von jedem Mitarbeiter ausgebildet werden darf. Sobald man aber einen zweiten oder dritten Lehrling aufnehmen möchte, muss man eine Ausbildung zum Lehrberechtigten machen.
Wir empfehlen dies bereits ab dem ersten Lehrling zu tun, da man in diesem Kurs schließlich lernt, wie man mit Lehrlingen umzugehen hat. Das sind sozusagen die wichtigsten Grundlagen beim Umgang mit einem Lehrling.
Eine wichtige Info in diesem Zusammenhang ist, dass die Person, die den Kurs absolviert, nicht zwingend die Person sein muss, die den Lehrling direkt und tagtäglich ausbilden wird.
Der Ausbilderkurs wird derzeit vom WIFI angeboten und dauert 40 Lehreinheiten.
Kostenpunkt: 440 € (zum Zeitpunkt der Artikelerstellung)
Ziel dieses Kurs: Gesetzliche Berechtigung zur Lehrlingsausbildung
Inhaltlich wird in diesem Kurs auf die pädagogischen, psychologischen und rechtlichen Grundlagen eingegangen.
TIPP: Wer eines der unten angeführten Kriterien erfüllt, ist nicht verpflichtet, die gesetzliche Berechtigung zur Lehrlingsausbildung durchzuführen:
Die Notariatsprüfung
Die Fachprüfung für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
Die Fachprüfung für Buchprüfer und Steuerberater
Die Fachprüfung für Steuerberater
Die Rechtsanwaltsprüfung
Die Ziviltechnikerprüfung
Die Prüfung für den Apothekerberuf
Die Unternehmerprüfung
Die Meisterprüfung gemäß den Vorschriften des land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzes, sofern der Prüfungsteil über die fachlichen pädagogischen Fertigkeiten zur Ausbildung von Lehrlingen erfolgreich abgelegt wurde.
Die Dienstprüfung für Vertragsbedienstete des Bundes, der Länder oder der Gemeinden
Die Richteramtsprüfung
Die Lehramtsprüfung an einer berufspädagogischen Akademie für Berufsschulen
Die Abschlussprüfung an den Meisterschulen
Die Befähigungsprüfung für das Baumeistergewerbe
Die Befähigungsprüfung für das Zimmermeistergewerbe
Die Befähigungsprüfung für das Steinmetzmeistergewerbe
Die Befähigungsprüfung für das Brunnenmeistergewerbe
Die Befähigungsprüfung für das Gewerbe der Bauträger
Die Befähigungsprüfung für das Gewerbe der Technischen Büros
Die Befähigungsprüfung für das Gewerbe der Unternehmensberater einschließlich der Unternehmensorganisatoren
Die Befähigungsprüfung für das Gastgewerbe
Mit welchen Kosten sollte man rechnen, wenn man einen IT-Lehrling ausbildet?
Hier eine kurze Übersicht, mit welchen Kosten zu rechnen ist (Stand zum Zeitpunkt der Artikelerstellung):
1. Lehrjahr Lohn pro Monat:
Brutto 497 € - Netto 446,06 € - Kosten für den Arbeitgeber 606,24 €
2. Lehrjahr Lohn pro Monat:
Brutto 688 € - Netto 617,48 € - Kosten für den Arbeitgeber 839,22 €
3. Lehrjahr Lohn pro Monat: Brutto 840 € - Netto 720,72 € - Kosten für den Arbeitgeber 1.055,71 €
4. Lehrjahr Lohn pro Monat: Brutto 1.162 € - Netto 997 € - Kosten für den Arbeitgeber 1.495,27 €
Wird man bei der Aufnahme eines Lehrlings finanziell gefördert?
Da jeder Mitarbeiter eine finanzielle Herausforderung darstellt, ist es natürlich schön zu wissen, dass man bei einem Lehrling eine Förderung erhält.
Ist der Lehrling unter 18 Jahre alt, bekommt man im ersten Jahr drei Gehälter, im zweiten Jahr zwei Gehälter und im dritten Jahr ein Gehalt gefördert.
Ist der Lehrling über 18 Jahre alt, bekommt man pro Jahr 1000 € gefördert.
Zusätzlich wird die gesetzliche Berechtigung zur Lehrlingsausbildung auch finanziell gefördert. Hier werden von den 440 € Kurskosten, 330 € übernommen.
Klicken Sie hier für den Link zum Online-Ratgeber Lehrbetriebs Förderung
Anmeldung zur Berufsschule
Dank des dualen Ausbildungssystems in Europa, kann der Lehrling einmal die Woche die Berufsschule besuchen.
Der Besuch dieser Schulform ist verpflichtend und gilt als Arbeitszeit.
Die Berufsschule für den Bereich Informationstechnik befindet sich in der Mollardgasse 87, 1060 Wien.
LINK BERUFSCHULE/FORMULAR DOWNLOADEN
Kann man ein Lehrverhältnis vorzeitig beenden?
Früher konnte man einen Lehrling nur bei Zutreffen einer der drei folgenden Gründe kündigen:
Diebstahl, Bekanntgabe von Betriebsgeheimnissen oder unentschuldigtes Fernbleiben.
Seit dem Jahr 2013 kann man nun auch ohne Begründung das Lehrverhältnis auflösen. In den ersten drei Monaten kann man das Verhältnis immer am Ende des angefangenen Monats beenden.
Nach den drei Monaten ist das Lehrverhältnis immer am Ende des Jahres kündbar. In jedem Fall muss man keine Begründung angeben.
LINK FORMULAR MELDUNG DER VORZEITIGEN AUFLÖSUNG EINES LEHRVERHÄLTNISSES DOWNLOADEN
Ausbildungsprofil IT-Techniker (Aufgabenbereiche/Lehrplan)
Lesen und Anwenden von technischen Unterlagen, auch in englischer Sprache
Festlegen der Arbeitsschritte, Arbeitsmittel und der Arbeitsmethoden
Fachgerechtes Auswählen, Beschaffen, Überprüfen der erforderlichen Betriebsmittel, Materialien und der elektronischen Datenverarbeitungsprogramme
Zusammenbauen, Montieren, Prüfen, Inbetriebnehmen und Warten von Geräten der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie von Netzwerken
Anwendung von Programmiertools und einfachen Programmiermethoden
Erfassen von technischen Daten über den Arbeitsablauf und die Arbeitsergebnisse
Ausführen der Arbeiten unter Berücksichtigung der einschlägigen Sicherheits- und Umweltstandards
Auswahl und Zusammenbau von Geräten der Informations- und Kommunikationstechnologie
Installieren, Anschließen, Konfigurieren und Prüfen von Geräten der Informations- und Kommunikationstechnologien und Netzwerken sowie der erforderlichen elektronischen Datenverarbeitungsprogramme
Analyse, Eingrenzung und Behebung von Fehlern und Störungen,
Instandsetzen und Tauschen von Geräten und von einzelnen Komponenten und Bauteilen von Netzwerken und der dazugehörigen elektronischen Datenverarbeitungsprogramme
Einrichten und Betreuen von Einzelarbeitsplätzen und Netzwerkarbeitsplätzen,
Beraten und Schulen der Anwender
Verwalten und Sichern von Daten
Erstellen von Dokumentationen und Erfassen von technischen Daten über die Einrichtung der Hardware und der Software für den Kunden
Beratung von Kunden bei der Auswahl von Produkten unter Berücksichtigung technischer, kaufmännischer und rechtlicher Voraussetzungen
Analysieren von Kundenanforderungen und Erarbeiten von Lösungsvorschlägen
Anbieten von Service- und Betreuungskonzepten
Annehmen, Kontrollieren, Lagern, Pflegen und Ausliefern der Waren, Inventarisieren der Bestände
Checkliste:
Entscheidung IT-Techniker, IT-Informatiker oder beides
Kostenkontrolle – kurze Rücksprache mit dem Steuerberater
Antrag auf Feststellung – Betriebsmeldung vorhanden?
Optional die gesetzliche Berechtigung zur Lehrlingsausbildung
Antrag zur Förderung
Anmeldung zur Berufsschule